Ein Traumauto. Mein Traumauto. Old School und moderne Technologie in einem. Vielleicht bin ich gerade deshalb so gemein zum Ford Mustang GT Fastback Premium.
Es ist so, als ob Ford sich hingesetzt hätte und gesagt hat «Machen wir ein Auto, das exklusiv für den einen Mann in der Schweiz gemacht ist». Das Resultat: Der 2019 Ford Mustang GT Fastback Premium. Oder, frei nach «Mad Max: Fury Road»: 449 Horsepower of Nitro-Boosted War Machine. Einfach ohne Nitro, aber passt schon.
Darum fällt das Urteil auch entsprechend hart aus. Denn Dinge, die du liebst, sollten mit aller Härte angegangen werden. Aber so viel vorneweg: Keine Sekunde hinter dem Steuer des Mustangs ist verschwendet oder in irgendeiner Form langweilig oder blöd. Der Mustang ist purer Spass und ein Traum für all die, die Autos und das Fahren lieben.
Der wunderbare Lärm
Der 2019er Mustang ist so ein Zwischending aus altmodisch und hypermodern. Was altmodisch bleibt: Die Gangschaltung. Du schaltest noch selbst. Kleiner Tipp vorneweg: Der Sweet Spot für die Schaltung liegt relativ hoch bei etwa 3500 Umdrehungen. Selbst wenn die Zahl nicht besonders hoch klingt, so ist es der Lärm des V8-Motors, das den Schaltpunkt extrem hoch wirken lässt. Du hörst den Mustang, bevor du ihn siehst. Immer.
Denn das Gebrüll des Motors verliert nie seinen Reiz, nie seinen Charm und wird immer Gänsehaut verursachen. Bei der ersten Fahrt vom Hof in Wohlen entfährt mir sogar ein lautes Lachen als der Mustang im Dritten zum ersten mal so richtig anzieht. Da ist so richtig viel Kraft, so richtig viel Wildheit, die nur darauf wartet, losgelassen zu werden. Ich liebe es.
Das ist es auch, wofür du beim Mustang hauptsächlich bezahlst: Der Motor und seine Leistung.
Ansonsten spart Ford da und dort ein paar Fränkli. Das Armaturenbrett kommt im Fake Carbon Look daher – alles Plastik – und auch das Exterieur weist einige kleine Unschönheiten auf. Wo der BMW 320d zeigt, dass mit geschicktem Engineering viel aus einem Motor herausgeholt werden kann, der weit weniger leistet als der des Mustangs, zeigt der Mustang, dass der Computer manchmal gegen den Fahrer arbeiten kann.

Der Computer als Feind
Computer in Autos sind eine gute Sache. Vor allem Dinge wie die Berganfahrhilfe oder generell das «Lass den Motor nicht verrecken»-System sind vernünftige Hilfen im Fahralltag. Im Mustang vor allem, denn der 5.0-Liter hasst so ziemlich alles unter 80km/h und lässt dich das auch wissen. Grummeln, Brummen, Husten… der Mustang hat Launen. Vor allem das Aufbrüllen im Zwischengas aber fällt auf. Du hast aber Spass daran. Versprochen. Denn ein Auto mit Laune und Charakter ist etwas sehr, sehr Schönes. So merkwürdig und esoterisch es auch klingen mag, so wahr ist es: Ein Auto mit Charakter schafft eine Art Freundschaft zwischen Fahrer und Auto. Während der Testphase habe ich mich oft dabei erwischt, wie ich dem Mustang Dinge wie «Komm jetzt, Grosser, fahren wir los» gesagt habe.
Ber der Computer funkt dann doch etwas zu oft dazwischen und ist dann und wann wieder unvorhersehbar zufällig. Ein Beispiel, das genau einmal vorgekommen ist und das ich auch mit allem Probieren nicht habe reproduzieren können: Ich stehe an einer Ampel in Zürich Oerlikon. Schon eine ganze Weile. Auf einmal denkt der Computer, dass ich jetzt Umdrehungen brauche und der Motor dreht auf 4500 rpm hoch. Warum? Bewegt habe ich mich nicht und das Auto nicht. Ampel rot, Auto und Fahrer gelangweilt. Dann kommt dazu, dass die Beschleunigung und die umgesetzte Kraft in den höheren Gängen unter identischen Bedingungen komplett verschieden sind. Warum? Sowohl Auto wie auch Fahrer meinen: Lass uns doch einfach fahren.
Aber: Nichts davon kann nicht durch ein geschicktes Software Update repariert werden. Und diese laufen recht zuverlässig rein. Einfach das Auto dann und wann wieder mit einem WLAN verbinden und warten. Wenn dein WLAN bis zum Parkplatz reicht oder bis in die Garage, dann ist das eigentlich keine Sache. Aber Achtung: Da ist kein Changelog. Die Updates werden installiert und du wirst das nie bemerken, ausser, dass einige Features auf einmal auftauchen, darunter Schlüssel-Features wie Apple CarPlay oder Android Auto Support.

Die Kraft auf der Autobahn
Eine Anekdote, die bezeichnend für die Fahrt mit dem Mustang ist. Ich bin in der Ostschweiz unterwegs. Zufällig, denn eigentlich bin ich in eine Richtung losgefahren und bin dann gegen 22 Uhr auf der Autobahn nach Sargans. Die Route ist klar: via Sargans, dann unten am Walensee durch via Zürich nach Hause. Der Mustang brummt friedlich im fünften Gang bei 120km/h vor sich her, zwischen 1000 und 1200 Umdrehungen. Ich könnte locker auf regelmässige RPM machen, wenn ich den Tempomaten verwenden würde. Aber wenn ich schon manuell schalten muss, dann fahre ich doch gleich ganz selbst.
Ein Seat Leon setzt zu einem Überholmanöver an. Schön für den Seat.
Nach gefühlten 20 Sekunden ist der Seat immer noch links neben mir. Warum? Ich blicke mal rüber, vielleicht stimmt irgendwas mit meinem Fahrzeug nicht? Übersehe ich ein Hindernis? Aber die Autobahn ist doch leer…
Zwei junge Männer blicken mich vom Vordersitz an. Einer steckt seinen Kopf vom Rücksitz her nach vorne. Der Fahrer drückt demonstrativ aufs Gas.
Wollen die ein Rennen?
Echt jetzt?
Wie stellen die sich das vor?
Ein kurzer Vergleich: Der Seat Leon ist ein gutes, starkes Auto. Für seine Klasse. Sind wir grosszügig und sagen, dass der Leon der Jungspunde ein Leon Cupra war. Cupra ist das Performance Label Seats. Wie Shelby das Performance Label Fords ist und die Serienfahrzeuge noch leistungsfähiger macht. Wenn die Jungs also in einem Cupra Leon sitzen, dann sitzen sie auf vier Zylindern mit 290PS und 1984 Kubikzentimeter Hubraum.
Mein Mustang aber ist kein Performance-Modell. Der V8 kommt von der Stange. Trotzdem: Da sind 449 PS und 4951 Kubikzentimeter Hubraum.
Was meinen die jungen Männer, was passiert?
Das ist doch kein faires Rennen. In einem kurzen Tunnel drücke ich die Kupplung runter, trete aufs Gas. Der Motor brüllt auf. Die jungen Männer sind zwar beeindruckt, aber lassen sich nicht beirren. Sie treten aufs Gas und brausen mit 130 davon. Vielleicht 140.
Ich bleibe bei meinen 120. Denn ehrlich, ich hab’s nicht nötig. Genau das ist es, was mich den Mustang so lieben lässt. Er könnte, wenn er denn wollte. Aber er muss nicht. Friedlich bei 120 im Fünften rumtuckern hat Charme und Stil und bringt eine gewisse Ruhe hinter das Steuer. Ich bin jeden Kilometer mit dem Mustang entspannt, geniesse die Fahrt.
Zum Schluss noch eine Frage: Warum ist da eine Rückbank im Mustang? Wenn du Beifahrer hast, die grösser als etwa 1.75 Meter sind, dann müssen sie den Kopf schräg halten. Die Knie stossen gegen den Fahrersitz. Daher: Raus damit. So ein Alibi-Rücksitz braucht echt keiner.
Sonst: der Mustang ist ein Traum. 1795 Kilo Autokunst in einem Fahrzeug. Und dafür werde ich ihn immer lieben. Danke, Ford.
Dominik Bärlocher