Der Hyundai Tucson gleicht anderen auf dem Markt auf’s Haar, ist aber günstiger. Wo sind die Abstriche? Und warum ist ein beheiztes Steuerrad so dermassen grossartig? Und nicht zuletzt: Welche Hinweise gibt der Tucson auf die Zukunft Hyundais?
Hyundai ist einer dieser Autohersteller, die bestenfalls spektakulär gut sind wenn sie etwas wie den Hyundai Kona EV produzieren. Sonst sind sie immer eigentlich solid, aber nicht bemerkenswert. Wenn ein Hyundai schon auf dem Parkplatz nicht nur wegen dem grossen Sticker mit dem Wort «Aktion» auffällt, dann lohnt es sich, sich hinter’s Steuer zu klemmen. So geschehen mit dem Hyundai Tucson.
Denn die technischen Daten des SUV, der mit vollem Namen Hyundai Tucson 2.0 CRDI MH 4WD Hybrid Automat 2020 heisst, klingen arg bekannt. Vergleichen wir den Tucson mit dem Seat Tarraco. Der Tarraco hat 190PS, der Tucson 185. Der Tarraco hat einen 2.0l Benzinmotor, der Tucson einen 2.0l Diesel mit Hilfe eines Elektromotors. Seat gibt dem Tarraco 1984 cm2 Hubraum, der Hyundai hat 1994. So zieht sich das durch die Specs der beiden Fahrzeuge durch. Sie gleichen sich stark. Ausser im Preis. Wo der Tarraco verhältnismässig teuer scheint, lässt er den Hyundai vergleichsweise günstig erscheinen. Die Frage: Wo also sind die Unterschiede zwischen den beiden? Wie rechtfertigt sich der Preisunterschied? Oder besser: Wo macht er sich bemerkbar?
Hyundais Betriebssystem ist nutzlos
Noch vor dem Start des Hybridmotors macht sich der erste Unterschied bemerkbar: Die Software des Tucson ist im Wesentlichen dazu da, dass sie eine Plattform für ein Smartphone bietet. Mehr als die Basics liefert die Software von sich aus nicht. Also kein eigenes Navigationssystem, keine Sprachein- oder Ausgabe. Die Software ist funktional, keine Frage, aber ich tue mich nur schon mit dem Schreiben dieses Absatzes schwer, so unbemerkenswert ist sie.
Daher: Zwingend ein Android Phone oder ein Apple iPhone anhängen. Dann geht das problemlos und der Tucson läuft wunderbar mit Musik und Navigation und alles.
Die Software macht sich dann auch in der Fahrt bemerkbar. Bei der Intelligenz des Autos hat Hyundai gespart. Daher verlangt der Hyundai vom Fahrer, dass der seinem Namen nachkommt und das Auto selbst fährt und nicht einfach nur so bitzli lenkt, selbst wenn das Fahrzeug hier einen recht interessanten Widerspruch lebt.
Da ist ein gut funktionierender adaptiver Tempomat, der während den 500km Test nie auch nur ansatzweise Sorgen gemacht hat. Der Tucson will sogar, dass der Tempomat verwendet wird. Sonst ist die Fahrt etwas ruckartig und unvergebend. Mit dem Tempomaten aber ist die Fahrt ruhig, gemütlich und schlicht angenehm. Es ist lustigerweise dieser Widerspruch, wegen dem ich den Tucson so mag.

Jedes Auto braucht ein beheiztes Steuerrad
Im Gegensatz zum Seat Tarraco bietet der Hyundai Tucson im Innenraum viel, vor allem aber eines: Ein beheiztes Steuerrad. Das klingt jetzt nach Gugus und «Wer braucht das schon?», aber in der Praxis sind die Heizspulen im Steuer extrem angenehm im winterlichen Schweizer Morgenverkehr. Da nervt auch das Brüttiseller Kreuz nicht mehr so fest… oder so. Okay, es nervt immer noch, aber wenigstens sind die Finger warm während dem Staufahren.
Das ist nicht das einzige Feature, von dem ich meine, dass jedes Auto standardmässig verbaut haben sollte. Hyundai liegt da klar vorne und lässt den Tarraco mit seinem Fast-Autopiloten Staub fressen. Denn da ist die 360-Grad-Kamera, die das Parkieren zur Freude macht. Fahrer können entweder manuell auf die Rundumkamera schalten oder darauf warten, dass der Tucson merkt, dass jetzt parkiert wird. Autohersteller, die immer noch Fahrzeuge ohne 360-Grad-Kamera herstellen, machen definitiv etwas falsch. Wenn es schon möglich ist, ein gigantisches Schlachtschiff wie den Ford F-150 Shelby problemlos zu parkieren, dann ist für den Tucson – gross aber wendig – jede Parklücke locker machbar.
Apropos Hybrid
Der Tucson sieht zwar so mehr oder weniger aus, als ob der SUV für Offroad-Einsätze gemacht wäre, fühlt sich aber mehr wie ein grösserer Stadtflitzer an. Einkäufe, Kinder in den FC bringen und vor allem sich im Stadtverkehr behaupten. Das kann der Tucson gut. Da fühlt er sich sicher und der unendlich gross wirkende Platz hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz ist zu jedem Zeitpunkt entweder beruhigend oder nützlich.
Dann ist da der Hybridmotor. Er wird unter anderem so verwendet, dass er beim Anfahren hilft. Daher gibt der Tucson den Zupf, den ich vom Hyundai Kona her kenne mit signifikant mehr Grösse. Schon schnell nach dem Schnellstart unterstützt der Diesel mit der Kraft, die ein Diesel liefert und am Ende ergibt sich so ein recht rundes, schnittiges Fahrerlebnis. Je nach Situation ist es schwierig zu sagen, was was unterstützt: Der Diesel- den Elektromotor? Oder andersrum?
Dieser letzte Gedanke macht im Stau in der Luzerner Innenstadt dann einem Gedanken Platz, während meine Hände schön warm sind: Ist der aktuelle Tucson ein Zwischenschritt? Denn der Trend ist klar: Mit Ford Mustang Mach-E, Rivian, dem Tesla Cybertruck und Co. geht der Diesel bald in Ruhestand. Elektro-SUVs werden schon bald auf den Strassen der Schweiz fahren. Hyundai hat gute Chancen, vorne mitzumischen. Denn wenn Hyundai es hinkriegt, die Performance des Kona mit der Grösse und dem beheizten Steuerrad des Tucson zu verbinden, dann ist da ein preiswertes und richtig gutes Fahrzeug auf dem Markt.
So, wie er heute da steht, ist der Tucson solid. Nicht herausragend grossartig, aber preiswert. Er macht nichts falsch, nichts richtig, leistet gute Dienste und hat ein beheiztes Steuerrad. Das ist wichtig.