Elektrisch, chinesisch, kompakt und vor allem preiswert. Das alles ist der JAC e-S2. Bleibt die eine Frage: Taugt der Kona-Konkurrent etwas?
Da gibt es ein Spielchen, das ich gerne auf dem Parkplatz bei Auto Kunz spiele: Ich suche die JACs. Dazu etwas Kontext. JAC ist eine chinesische Automarke, die aktuell in den internationalen Markt vordringt. Sie gelten als extrem günstig und preiswert, aber auch als Nachmachungen westlicher Fahrzeuge. Das ist es, wo es lustig wird und JACs gesucht werden können.
Ein Beispiel mit Lastwagen, denn da ist das Spielchen am einfachsten.
Das ist der JAC Heavy Truck, sieht doch bekannt aus. Oder? im Vergleich der Volvo FH13 und der DAF XF.



Das Spiel geht so. Wir schauen uns den JAC gut an, dann die anderen Autos und versuchen, die einzelnen Design-Elemente auf dem Autohof wieder zu finden. Am Ende gewinnt, wer die Kaffeetasse zuerst leer hat. Mit dem JAC e-S2, dem Elektro-SUV aus dem Hause JAC, geht das genau gleich. Die Front sieht aus wie ein Opel? Ford? Mit einer Note Hyundai vielleicht?
Kaffee leer. Zeit, loszufahren. Den Kaffee bei Auto Kunz kann ich empfehlen, übrigens.
Was haben die sich bei der Mittelkonsole gedacht?
Handy aus der Hosentasche, Portemonnaie auch. Ich will die zwei Sachen, wie immer, in die Mittelkonsole schmeissen. Nur, dass der e-S2 keine hat. Jetzt ist es so, liebe JAC, dass eine Mittelkonsole kein besonders kompliziertes Konzept ist. Vier Wände, ein Boden, ein Deckel und ein Scharnier hinten. Aufmachen, Dinge reinschmeissen, zumachen, fertig. Der Grund, weshalb das Konzept nicht besonders komplex ist, ist der, dass die Simplizität der Kiste zwischen den Sitzen vorne sich über Jahrzehnte hinweg bewährt hat und keiner sich aufmacht, etwas zu reparieren, das nicht kaputt ist.

Die Mittelkonsole im JAC ist im Wesentlichen ein gegossenes Stück Plastik mit Schlitzen darin. Ein Schlitz für das Handy, in das kein grösseres Handy passt. Handy in den Charger stecken und dann in den Schlitz stopfen ist auch schwierig. Warum? Auch nach etwa 500 Kilometern Fahrt verstehe ich das nicht. Klappe auf, Zeug rein, Klappe zu. Ist doch nicht so schwierig, oder?
Dafür aber hat der Fahrersitz des JACs ein nettes Feature verbaut, zweifelsohne aus dem Grund, dass die Engineers bei JAC erkannt haben, dass die Mittelkonsole als kleine Truhe auch als Armauflage dient. Da ist eine herunterklappbare Armlehne. Die ist ein paar Zentimeter höher als die durchschnittliche Mittelkonsolentruhe in einem Auto. Aber der zusätzlich Komfort, der die Armlehne bietet, ist enorm. Unerwartet, auch.

Denn der JAC ist bequem, keine Frage. Ich sitze etwas höher als erwartet, etwas härter als erwartet – gut für den Rücken –, etwas breiter als erwartet. Denn innen hat der JAC ziemlich viel Platz, denn auch wenn er von aussen recht klein aussieht. Kurz: Der JAC ist voller Überraschungen. Allgemein, als Auto-Reviewer ist es so, dass ich dann und wann wieder so von einer gewissen Ennui übermannt werde. Denn einige Autos gleichen sich aufs Haar. Der Hyundai Tucson und der Seat Tarraco, zum Beispiel, sehen sehr ähnlich aus, haben sehr ähnliche Specs, fahren sich dann aber komplett anders. Trotzdem, der Innenraum ist im Wesentlichen «Klappe auf, Zeug reinschmeissen, Klappe zu» und gut ist. Beim JAC ist das anders. Überall ist irgendwas, das nicht ganz so ist, wie es alle anderen machen. Das ist nicht zwingend besser oder schlechter. Anders ist anders. Vielleicht geht es dir mit der Mittelkonsole wie mir. Vielleicht ist die Mittelkonsole genau das, was du gesucht hast, dafür ist dir die Armlehne zu hoch.
Piep Piep Piep: Ein Feature, das jedes Auto haben sollte
Ich weiss gar nicht, wo das «Billige chinesische Autos sind unsicher» herkommt. Ist das eine dieser urbanen Legenden? Gab es da mal einen konkreten Vorfall bevor ich mich für alles mit Motoren interessiert habe? Oder ist es einfach die Vorstellung, dass Sicherheit einen Preis hat und chinesische Autos unter diesem Preis liegen?
Das einzige, was mich kurz aufhorchen lässt, ist das Sound Design. Ein Auto hat einen Klang, wenn du die Türe schliesst. Denn Menschen erwarten ein Geräusch, wenn sie eine Autotür schliessen. Der JAC klingt anders. Nicht allzu viel, aber doch bemerkbar. Da ist ein etwas hohlerer Klang, etwas blechern. Dennoch, die Verarbeitung des kleinen SUV ist sauber. Da sind zwar kaum Deko-Elemente, aber ich mag funktionales Design.

Der Gedanke der Funktionalität setzt sich auch im Motor und der Fahrt fort. Der JAC hat 85KW als Akku unter der Haube, bringt maximal 270Nm auf die Strasse. In praktischen Worten heisst das, dass der JAC etwa 300km weit kommt pro Akkuladung und von 0 auf 100 in 11 Sekunden kommt. Maximalgeschwindigkeit liegt bei guten 130km/h, womit auf der Autobahn auch Überholmanöver bei 120 gelingen. Das alles klingt so bitzli okay, aber für den Preis, den du für einen JAC zahlst, ist das sehr, sehr gut.
Eines fehlt dem JAC aber: Der Elektro-Zupf. Bei Teslas oder dem Hyundai Kona EV ist der Druck auf’s Gaspedal etwas, das die Passagiere in den Sitz drückt und das Auto zieht davon. Der JAC macht das zwar auch, aber nicht ansatzweise so stark wie ein Kona oder ein Tesla. Schade, denn wenn JAC das hinkriegen würde – und ich bin halb der Meinung, dass das ein Software Setting ist –, dann hätte der JAC den vollen EV-Charme. Und ja, du willst den vollen EV-Charme. Denn der ist etwas, der mir als Liebhaber von V8-Motoren, Lärm und so immer wieder ein breites Grinsen ins Gesicht schmiert. Du trittst auf’s Gas, keine Verzögerung, kein gar nichts und du flitzt im Verkehr herum. Der JAC flitzt nicht ganz so gut wie die Konkurrenz, macht aber trotzdem Spass.

Das Auto macht zwar Spass, ja, aber JAC macht dann doch einen auf Sicherheit. Das sogar ziemlich gut. Da ist eine 360-Grad-Kamera, die beim Einparken hilft. Der JAC ist zwar kompakt genug, dass er in jede Parklücke quer parkiert werden könnte, aber so eine Rundumsicht auf dem Display ist viel wert und sollte in jedem Auto sein. Genau wie die 360-Grad-Kamera sollte jedes Auto ein Feature des JACs haben, das mich zuerst überrascht hat. Sobald sich das Auto rückwärts bewegt, dann gibt es Pieptöne von sich, genau wie ein Lastwagen. Klar, für Autos und SUVs und alles, das nicht Lastwagen ist, ist das höchst ungewöhnlich, aber macht das das kleine Feature falsch? Laut mir ist jedes bisschen zusätzliche Sicherheit höchst willkommen. Genau, wie alles, das mir die Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern vereinfacht.
Apropos Klang. Da ist ein Geräusch, das mich während der ganzen Fahrt etwas aus dem Konzept gebracht hat: Das Blinker-Geräusch. Bei jedem normalen Auto geht das so: Klick, Schweigen, Klick, Schweigen. Beim JAC aber ist es Schweigen, Klick, Schweigen, Klick… Bis zum ersten Klicken war immer eine gewisse Nervosität da. Es ist nichts, woran ich mich nicht gewöhnen könnte, aber anfangs war das dann doch etwas befremdlich. Der Blinker aussen blinkt aber ganz normal. Hier wäre ein klitzekleines Software-Update für den Klicker wirklich nett.