Der Nissan 370z hat eine kleine Gastrolle in einem Fast and the Furious Film. Cool. Doch irgendwas stimmt mit dem Auto nicht. Hat da etwa die Geldgier ein wirklich schönes Auto beschnitten?
«I think I’m in love», sagt Han Seoul-Oh im Film Fast Five, dem fünften Teil der Fast and the Furious-Serie. Er sieht gerade seiner Kollegin Giselle zu, wie sie im Nissan 370z durch ein Warenhaus blocht und gekonnt Hindernissen ausweicht. Dem Zuschauer wird selbst überlassen, ob Han jetzt über das Auto, Giselle oder ihre fahrerischen Fähigkeiten gesprochen hat. Einen Oscar für dieses brilliante und nur ganz leicht sexistische Screenwriting.
Da steht er also, der Nissan 370z, Jahrgang 2011. Etwas jünger als das Modell, das Giselle gefahren hat und wesentlich blauer. Trotzdem: Ich bin versucht, mir sofort mein No Good Racing Team-Shirt anzuziehen. Die Street Racing Teams Japans – allen voran das No Good Racing Team und der legendäre Midnight Club – faszinieren mich. Die Filme um Dom Toretto sind grossartige Unterhaltung.
Im Nissan 370z treffen die beiden Welten aufeinander. Genau wie damals im dritten Teil Tokyo Drift, wo zwar Dom Toretto nur in einer Szene aufgetaucht ist, dafür aber der grossartige Soundtrack einen Track des ebenfalls legendären Atari Teenage Riot hat.

Der Schlüssel in meiner Hand fühlt sich gut an. Ich freu mich.
Zu früh.
Die Fahrt nur wenige Zentimeter über Boden
Ich sitze fast am Boden. Das Steuerrad berührt meine Oberschenkel fast. Jeder Jeep und jeder Van blendet mich im Verkehr. Ja, der 370z ist ein Rennwagen. Oder er möchte es gerne sein. Die Specs des Fahrzeugs sprechen eine deutliche Sprache: 1612 Kilo schwer, 3.7l V6, keine Rückbank, breites Heck, Heckschleuder, 331 PS.
Irgendwas heult unter dem Brummen des Motors mit, wenn ich fahre. Ja, das Heulen in Giselles Video ist echt. Ist das ein Kompressor? Ein Turbo? Ist egal, denn es geht nur um das Geräusch, nicht um die Funktion oder die Leistung. Dazu aber im nächsten Abschnitt mehr.

Auch cool: Ich verstelle nicht das Steuerrad, sondern das gesamte Cockpit. Alle Anzeigen auf dem Armaturenbrett schwenken mit, wenn ich das Steuerrad aus seiner Verankerung löse. Warum macht das nicht jedes Fahrzeug? Ohne Witz. Das ist mit dem geheizten Steuerrad und der 360-Grad-Park-Kamera ein zwingendes Feature meines perfekten Autos. Der Blickwinkel auf die Armaturen ist so schlicht klarer und das ist viel wert während der Fahrt.

Ich spüre jede Bodenwelle, die Federung ist hart. Das mag ich, komischerweise. Instinktiv würdest du jetzt sagen, dass eine weiche Federung gut ist, sodass du die Bodenwellen und Rillen und alles nicht spürst, schön über die Strasse gleitest. Aber fahren, also so richtig fahren fahren, das geht nicht wirklich schön mit weichen Stossdämpfern. Ich stelle nach nur wenigen Metern Fahrt fest: Ich will die Strasse spüren. Denn ich bin Fahrer, ich bin nicht ein Von-A-Nach-B-Kommer.
Parkieren ist eine Wucht. Da der 370z keine Rückbank hat, ist er sehr kurz. Das hat zwei Auswirkungen.
- Er passt physisch in so ziemlich jede Parklücke
- Er ist extrem wenig

Das wäre ideal für einen Stadtflitzer. Nur dass da das breite Heck ist. Es ist auf Papier zwar nur wenig breiter als die Front, aber in der Praxis fühlt es sich mindestens doppelt so breit an. Also vorsicht beim Einparken. Parkhilfen? Nissan scheint nicht dran zu glauben, daher hilft es, die Rückspiegel gut einzustellen. So langsam häufen sich die Widersprüche in dem Auto.
Der Nissan macht Spass zu fahren. Er hat Kraft und Geschwindigkeit. Durch die niedrige Sitzposition kommt dir alles noch schneller vor.
Das Problem: Der Nissan 370z fällt in so eine merkwürdige Grube zwischen «Auto für Fahrer» und Massentauglichkeit.
Warum Krawattenträger keine Autos designen sollten
Vielleicht hätte ja etwas Sonderausstattung etwas reissen können. Bei vielen Autos – dem Fiat 500 Abarth zum Beispiel – ist der Sport-Knopf der wichtigste Knopf im Fahrzeug. Klar, die Karre wird dann doppelt so laut und die Nachbarschaft hasst dich, aber der Motor haut dann raus, was die Ingenieure des Herstellers aus ihm rausholen konnten. Während der ganzen Fahrt mit dem 370z aber lässt mich das Gefühl nicht los, dass der mehr können sollte.
Frustrierend ist auch, dass da blinde Knöpfe im Armaturenbrett und in der Mittelkonsole sind, also Aussparungen, von denen du weisst, dass da ein Knopf sein sollte. Einer davon könnte in Knopf für den Sport-Modus gewesen sein. Alle anderen Knöpfe vermisse ich nicht, aber wenn ich schon das Gefühl habe, dass der Nissan mehr kann als dass er mir gibt, dann vermisse ich den einen Knopf mit den fünf Buchstaben drauf. Noch schlimmer ist die Gemeinheit Nissans, dass jemand einen starken V6-Motor in einen leichten 1600-Kilo-Wagen verbaut hat und dann diesen Motor künstlich zurückhält. Das ist nicht okay.
Die Massentauglichkeit verfehlt der 370z auch. Denn da ist keine Rückbank und ich kenne Ikea-Kommoden mit mehr Stauraum als dass der Kofferraum bietet. Ikea-Kommoden haben dafür eine wesentlich bescheidenere Motorleistung.
Ich verstehe den Nissan 370z nicht wirklich. Ich vermute, dass die Ingenieure Nissans ein Rennauto gebaut haben, dann irgendein Typ in Krawatte gesagt hat «Wenn wir jetzt das und das Feature rausreissen, den Preis drücken, dann kann sich jeder einen Nissan leisten». Die Ingenieure haben dann wohl nach Feierabend über ein halbleeres und lauwarmes Bier etwas wie «Das kann er doch nicht machen» gesagt und die Köpfe geschüttelt.

Ja, jeder kann den Look einer JDM-Bolide haben. Ja, der 370z sieht aus, wie das Auto aus Fast Five. Aber die Renn-Romantik fehlt, auch wenn das Feeling vor allem bei der Beschleunigung aufkommt. Ich komme trotzdem nicht umher, den blauen Flitzer zu mögen. Er ist zu wenig, um ihn nicht gern zu haben. Das Heulen unter dem Brummen, das irgendwie nichts bewirkt, klingt schön. Die Sitze sind bequem und das Cockpit ist von jemandem designed worden, der wirklich weiss, worauf es bei einem Steuerrad und einem Armaturenbrett ankommt. Vielleicht bin ich genau darum so gemein zum 370z.
Der Nissan 370z ist kein schlechtes Auto. Er ist schnell, flach und wendig und sieht aus, wie aus dem Film. Aber er hat ein Hauptproblem: Der Nissan 370z ist kein Nissan 370z Nismo. Denn der ist silbrig und seine Schlüssel in meiner Hand.
Dominik Bärlocher